In den letzten Jahren zeigt das japanische Strafrecht sowohl bei Gesetzgebung als auch in der Rechtsprechung deutliche Tendenz nach Strafbarkeitserweiterung. Ein Beispiel in der Judikatur ist die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von den Delikten ge...
In den letzten Jahren zeigt das japanische Strafrecht sowohl bei Gesetzgebung als auch in der Rechtsprechung deutliche Tendenz nach Strafbarkeitserweiterung. Ein Beispiel in der Judikatur ist die Ausdehnung des Anwendungsbereichs von den Delikten gegen Eigentum und Vermögen. Ein Betrug wurde angenommen, bei Erhalten von Urkunde, Nachweis oder andere an sich kaum eine ökonomischen Wert enthaltende Dinge mittels eines falschen Antrags drauf, auch wenn das Opfer über keine Vermögensverlust irrt und/oder an kaum ein Vermögensschaden leidet.
Der japanische OGH hat im letzten Jahrzehnt über den Betrug zwei bedeutsame Entscheidungen per Beschluss erlassen. In den beiden Entscheidungen zugrundeliegenden Fällen handelte es sich um Erhalten von Bescheinigungen, d.h. Kontobuch und Bankkarte in einem Fall und vom Boardingpass im anderen, mit der versteckten Absicht der Weitergabe zu einem Dritten. OGH hat in beiden Fällen Vollendung des Betrugs bejaht.
Da in den oben genannten und anderen ähnlichen Fällen, in denen der Täter nur Papierstücke, Plastikkarte, Bescheinigungen oder Ausweise erhält, die an sich ökonomisch kaum von Wert sind, fragt sich zunächst, ob es mit solchem winzigen ökonomischen Wert reicht, um einen Betrug anzunehmen.
Die Rechtsprechung kompensiert die Geringfügigkeit am Wert der Sache an sich mit ihrer abstrakten, ökonomischen Funktion. Dabei entsteht zum zweiten das Bedenken, dass die Rechtsprechung damit andere Rechtsgüter hineinzählen würde oder im Namen von Vermögensdelikt eine Gefährdung eines anderen Rechtsguts als Vermögen bestrafen wollte.
Bei der Ausgabe sowohl vom Sparbuch und der Bankkarte als auch von Boarding-Pass irrt das Opfer nichts darüber, was man verliert und was man bekommt. Der Irrtum könnte sich nicht mit Vermögen beziehen. Ob es hinreicht, dass das Opfer in irgendeinen Irrtum gerät, ist die dritte Frage.
In beiden Fällen sind die ausgehändigte Gegenstände von kaum Vermögenswert. Dies kann auch von den ökonomischen Funktionen der Gegenstände nur schwierig ausgeglichen werden.
Im Boarding-Pass-Fall haben der OGH bei der Begründung des Motivirrtums von der Fluggesellschaft die Sicherheit der Luftverkehr und das Verlangen von kanadischer Regierung auf strenge Überprüfung der persönlichen Identität erwähnt. Daraus ergibt sich das Bedenken, dass hier hinter der Fassade vom Betrug eine latente Gefährdung der Luftverkehr oder Grenzverkehr bestraft würde.
Auf dieser Betrachtungsweise dürfte der Beschluss von OGH im Bankkonto-Fall so ausgelegt werden, dass der OGH mit dem §246 Abs1. JStGB eine Gefährdung eines anderen Rechtsguts als Vermögen oder vermögenswerte Sache bestrafen wollte.
Sowohl im Boarding-Pass-Fall als auch im Bankkonto-Fall hat das Opfer gar nichts in Bezug auf Vermögen geirrt. In den beiden Fällen begründete der OGH die Annahme der Täuschung und des Irrtums nur dadurch, dass das Opfer die Sache nicht ausgehändigt hätte, wenn die Absicht des Täters ihm bekannt gewesen wäre. Es geht dabei nicht um Qualität des Irrtums, sondern nur um Quantität.
Hier ist das Deliktssubstanz vom Betrug nicht in der Vermögensverletzung per Verlagerung der Sache oder der Sachenbewährung, sondern in der Willensverletzung durch Lügen nur gelegentlich einer Verlagerung der Sache verstanden.
Auch im JStGB muss der Betrug aber zumindest gleichzeitig als ein Vermögensdelikt verstanden werden, weil es §246 Abs.2 gibt. Die Betrachtungsweise der Rechtsprechung, die schon bei jeder Art von Irrtum, egal worauf er sich bezieht, einen Betrug anzunehmen, ist zu weit gegangen.