Die vorliegende Arbeit zielt darauf, ein theoretisches Modell fur die Intermedialitat von Musik und Literatur anzubieten und sodann als ein Beispiel dafur zu analysieren, wie die Form der Fuge im Gedicht Celans Todesfuge funktioniert. Im Kapitel vom m...
Die vorliegende Arbeit zielt darauf, ein theoretisches Modell fur die Intermedialitat von Musik und Literatur anzubieten und sodann als ein Beispiel dafur zu analysieren, wie die Form der Fuge im Gedicht Celans Todesfuge funktioniert. Im Kapitel vom medialen Vergleich zwischen Musik und Sprache werden die folgenden Punkte erortert: 1) Der Musik wohnt keine Zeichenfunktion, keine Referenzfunktion, wie sic die Sprache hat, inne. Was man unter der Aussage von Musik versteht, ist Konnotation. 2) Musik ist in der klanglichen Beschreibung viel differenzierter und fixierter als Sprache, in der eine klangliche Differenzierung nur insofern notig ist, WIC es der Bedeutungsunterscheidung dient. 3) Das Prinzip der Wiederholung hat fur die Musik eine grundlegende und zentrale Bedeutung: Erst die Wiederholung von bestimmten Tonen bildet Tonalitat aus, also die grundlegende Kategorie der Harmonie. Literatur greift, will sic sich der Musik annahern, vornehmlich auf Wiederholungen zuruck, Dazu dienen die Mittel wie Binnen-und Endreime, Assonanzen, Alliterationen, Echoeffekt, Wiederholungen. 4) Trotz der Zeitabhangigkeit von Musik und Literatur zeigt sich auch in der Syntax der Lautkunste ein prinzipieller Unterschied: Wahrend in der Musik sowohl eine horizontale Anordnung (Melodik) als auch eine vertikale Anordnung (Harmonik und Kontrapunkt) der Tone moglich ist, kennt die Sprache, die auf den monophonen Charakter beruht, keine Moglichkeit einer gleichzeitigen Anordnung, einer vertikalen Harmonik. Unter Kontrapunktik versieht man in der Musik das Verfahren, mehrere selbststandige Stimmlinien zu einer ubergeordneten Einheit zu binden. Sic besteht essenziell aus der Gleichzeitigkeit der Polyphonie. Die reifste polyphone Form in der Musik isi die Fuge. Im Gedicht Celans 「Todesfuge」realisiert sich nicht nur der horizontale aubere Aufbau der Fuge (Exposition, Durchfuihrung, Zwischenspiel, Durchhihrung, Zwischenspiel, Durchfuhrung und Koda). Auch die literarische Imitation der Gleichzeitigkeit der Polyphonie vollzieht sich, indem beide Stimmen immer mehr ineinander flie6en und der schnelle Wechsel zwischen ihnen mitunter auf sehr engem Raum stattfindet. Die komplexe Anordnung der Kontrapunktik erfordert zudem eine deutliche Einbeziehung der Signifikat-Ebene.